Bereits 1890 wurde in Siegen über eine Straßenbahn nach Geisweid nachgedacht, wobei zunächst eine Pferdebahn ins Auge gefaßt wurde. Nachdem jedoch die Voraussetzungen zum Betrieb einer elektrischen Straßenbahn erfüllt waren, gründete der Kreistag des Kreises Siegen am 13.04.1901 die Siegener Kreisbahn. Güterverkehr war anfangs nur eine Option. 1903 wurde mit den Bauarbeiten begonnen, am 12.11.1904 fuhr die erste Straßenbahn von der Haltestelle Kochs Ecke in Siegen die 6,8 km lange Strecke zum Geisweider Bahnhof der Kreisbahn.
Schon am 15.12.1905 ging die erste Erweiterung zum Staatsbahnhof in Betrieb, ein Jahr später fuhren Straßenbahnen auch von Siegen-Eintracht über Kochs Ecke nach Hain über die bislang nur von Güterzügen genutzen Gleise der Eisern-Siegener Eisenbahn. Am 1.11.1908 wurde die Erweiterung von Geisweid nach Buschhütten-Langenau eröffnet und der Güterverkehr aufgenommen Erst 1927 erreichte die Strassenbahn dann den Bahnhof Kreuztal.
Schließlich wurde am 11.6.1910 die Straßenbahn durch die Siegener Oberstadt eröffnet. Mit Steigungen von 1:10 (10%) und Mindestkurven-radien von nur 15 Metern war diese Strecke eine Herausforderung für die Planer. Sofort zu Beginn des Ersten Weltkrieg wurde der Betrieb vorübergehend eingestellt. Die Oberstadt-Triebwagen fuhren nun auf der Talstrecke. Die vorübergehende Betriebseinstellung wurde nach der Ersten Weltkrieg eine endgültige.
Nach Kriegsende verkehrte die Straßenbahn schon am 25. Juni 1945 wieder von Langenau bis zur katholischen Kirche in Weidenau, sechs Wochen später bis zur Haardter Brücke. Die gesamte Strecke von Siegen nach Kreuztal konnte ab 1946 wieder von den Strassenbahn-Linien 1 und 2 befahren werden.
Am 1. Januar 1947 pachtete die Kreisbahn die Strecke nach Eisern von der Eisern-Siegener Eisenbahn, rüstete sie mit Fahrdraht aus und be-diente sie ab dem 30. Oktober 1947 mit Straßenbahnwagen.
Auch die ESE-Strecke nach Kaan-Marienborn wurde gepachtet und für den Strassenbahnverkehr umgebaut. Am 08.11.1948
verkehrte hier die erste Straßenbahn.
Im Jahre 1949 feierte Siegen 725-jähriges Bestehen. Dieses Ereignis stand ganz im Zeichen des Wiederaufbaus der Stadt nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg. In diesem Zusammenhang wurde damals auch der öffent-liche Nahverkehr neu geordnet. Durch den Neubau der Siegbrücke im Zuge der Bahnhofstrasse wurde ein Rundverkehr für die Strassenbahn ermög-licht. Die Landesregierung des neuen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen unterstützte den Wiederaufbau nach Kräften. Daher war am 1. und 2. Oktober 1949 das gesamte Kabinett der Regierung von Ministerpräsident Karl Arnold unter anderem mit den Landesministern Eugen Gerstenmeier und Heinrich Lübke in Siegen versammelt. Das Ereignis wurde zum Volksfest, die Teilnahme der Bevölkerung war enorm.
Durch den stark zunehmenden Individualverkehr wurde die Kreisbahn gezwungen, sich beim anstehenden Ausbau der B54 im Hüttental zwischen einer zweigleisigen Straßenbahn und einer O-Bus-Linie zu entscheiden. Die Entscheidung fiel für den O-Bus. Am 30.05.1952 wurde die neue Linie von Siegen nach Kreuztal eröffnet, tags zuvor endete hier die Ära der Straßenbahn.
Wegen der fast durchgängigen Seitenlage der Straßenbahngleise und dem angesteigenden Autoverkehr wurden die Züge zu einem Hindernis für die Autofahrer. Deshalb wurden 1956 die Strecke nach Kaan-Marienborn und am 31.08.1958 die Strecke nach Eiserfeld und Eisern durch Buslinien ersetzt. Damit endete der Straßenbahnbetrieb der Siegener Kreisbahn. Bis 1979 fuhren auf einem Teil der Gleise noch Güterzüge. Das letzte verbliebene Straßenbahnstück liegt noch heute in der B62 von der Eintracht bis zum Anschluß Flender in der Rinsenau. Dort verkehren noch heute regelmäßig teilweise recht lange Übergabezüge. Inzwischen ist dieses Stück neben die Straße verlegt werden. Damit ist das letzte Stück ehemals von der Straßenbahn genutzte Gleis in Siegen verschwunden.
Literatur:
Moll, Reuter, Trippe (2004) Strassenbahnen und Obusse im Siegerland. Verlag Vorländer, Siegen.